Liebe Schwestern und Brüder!

Die Zahl der am Corona-Virus Erkrankten steigt stetig an. Eine traurige Tatsache weltweit und auch in unserem Land. Die aktuell verhängten Maßnahmen zur Eindämmung der Epidemie sind drastisch, aber notwendig. Wir tragen sie als Kirche mit und motivieren alle, ihre persönliche Verantwortung wahrzunehmen. Zum Schutz der Schwächsten müssen wir jetzt zusammenhalten und auf einiges verzichten. In aller Verunsicherung hören wir das tröstende Wort Jesu: „Fürchtet euch nicht!“

Die Heilige Messe wird vorerst nur stellvertretend von den Priestern im allerkleinsten Kreis gefeiert – ohne direkte Teilnahme der Gemeinde. Dieses vorläufige Aussetzen der öffentlichen Gottesdienste bedeutet jedoch nicht, dass damit das geistliche Leben erlischt. Im Gegenteil: Wir sollten in diesen Wochen nicht weniger, sondern mehr beten. Auch in den Familien. Wir alle spüren doch die Verwundbarkeit und Zerbrechlichkeit unseres Lebens – trotz hoher Technisierung und allseitiger Versicherung.

Unsere Kirchen stehen in der aktuellen Krise als „Orte der Hoffnung“ für das individuelle Gebet offen. Weil es auch eine „seelische Grundversorgung“ der Bevölkerung braucht, können die Kirchen aufgesucht werden – für das Betrachten des Kreuzweges, das stille Entzünden einer Kerze oder ein persönliches Gebet vor dem Tabernakel. Diese einfache Kommunion mit Jesus stärkt unser Vertrauen ins Leben. Sie macht uns widerständig gegen jede Form der Verzweiflung und verbindet uns – trotz Ausgangsbeschränkung und Quarantäne.

Beten wir in diesen Tagen für die Kranken und für alle, die in Medizin und Pflege, aber auch in vielen anderen Diensten besonders gefordert sind. Vergessen wir jene nicht, die ihre Arbeit verloren oder mit einem großen materiellen Schaden zu kämpfen haben. Suchen wir nach kreativen Ideen, um alten und pflegebedürftigen Personen daheim und in den Heimen Zeichen der Verbundenheit zu geben – schreiben, telefonieren, die sozialen Medien nützen und vieles mehr.

Die Fastenzeit bekommt angesichts der gegenwärtigen Lage einen besonderen Akzent. Vermutlich haben die 40 Tage erst jetzt begonnen. Mit dem heurigen Schwerpunkt „Versöhnung“ könnte es ein ganz persönlicher Weg werden – Frieden schließen mit sich selbst und im engsten Lebensumfeld. Vergebung ist möglich. Die drastisch entschleunigte Zeit bietet die Chance, sich selbst und einander zu entlasten. Vieles, was uns noch vor kurzem bedrängt hat, fällt weg. Anderes zählt.

Viel Segen, Mut und Zuversicht – trotz allem!

+Hermann Glettler, Diözesanbischof